Zwischen den Jahren hat man meistens Zeit, das Geschehene des alten Jahres zu reflektieren. In meinem Fall war es wohl das bewegendste und anstrengendste Jahr.
Man macht sich so Gedanken, wieso und warum, das passiert ist, was passiert ist. Man könnte es trocken mit medizinischen Fakten abtun, oder tiefer in die Materie eintauchen: Alles hat einen Sinn! Und mittlerweile bin ich der Meinung, dass die Krankheit ein Zeichen war bzw. immer noch ist. 2018 war der erste Wink mit dem Zaunpfahl, ich hatte viel geändert, fiel aber zu schnell wieder in alte Muster. Drei Jahre später musste der Körper halt rabiatere Zeichen senden. Nach vielen Unterhaltungen, wurde ich bestätigt, dass Körper, Geist und Seele die Zeichen senden oder die Reissleine ziehen, wenn man sie und sich über Jahre ignoriert.
„Geh Du vor“, sagte die Seele zum Körper, „auf mich hört er nicht. Vielleicht hört er auf Dich.“
„Ich werde krank werden, dann wird er Zeit für Dich haben“,
sagte der Körper zur Seele.© Ulrich Schaffer (*1942), Fotograf und Schriftsteller
Ein Schritt – der wohl erstmal wichtigste – wurde zusammen mit der Freundin im Spital besprochen und später auch fix umgesetzt. Ich habe den Job gekündigt. Ich habe endlich die toxische Hassliebe beendet. Nach 12 Jahren den Arbeitgeber verlassen, ist nicht einfach. Aber in meinem Fall war es der logische Schritt. Kollegen und Chefs verursachten Stress, der im Dezember 2021 seinen Höhepunkt erreicht hat … Körper und Seele konnten nicht mehr. Ich wollte es mir bis zum Schluss nicht eingestehen und habe es immer abgetan, mir etwas vorgemacht, dass sich alles wieder bessert. Aber nach Jahren des Redens mit der Geschäftsleitung kam kein positives Feedback und lernresistente Mitmenschen taten ihr übriges. Ein Hamsterrad. Diesen Strass habe ich vermehrt mit nach Hause genommen. Und: Ich konnte das alles nicht mehr mit den positiven Seiten aufwiegen. Sicher, ich war mein eigener Chef, konnte meine Arbeitszeit frei einteilen, habe viele wichtige und interessante Personen kennengelernt und das Wichtigste: vergangene Projekte machten Spass. Das lies aber alles in den vergangenen Jahren nach und es war kein Licht am Ende des Tunnels zu sehen. Als ich dann nach knapp 6 Monate wieder im Büro für 20 – 50% tätig wurde, stand für mich fest: Ich muss hier weg!
Das Datum stand fest – egal mit, oder ohne neuer Anstellung. Ich wäre notfalls in die Arbeitslosigkeit gegangen. Ich habe in der Zwischenzeit dank meinen Beziehungen zwei Alternativen in der Hinterhand. Aber dann kam es, dass mir eine Stellenanzeige zugeschickt wurde, die ich zwar schon kannte, aber verworfen habe (aus Gründen). Nach etwas Reden und Denken, habe ich den Versuch gewagt, und nach einer SMS sollte ich meine Unterlagen schicken. Nach dem obligatorischen Gespräch und einem Tag Probearbeiten, bekam ich eine fixe Zusage. Ich war erleichtert … denn gekündigt hatte ich schon.
Auch bei der neuen Anstellung ist nicht alles Gold, was glänzt. Ich hatte das Pech, in einer Zeit einer Umstrukturierung anzufangen und das verursachte auch wieder Stress. Aber mittlerweile legt sich das alles wieder … Der Job im Marketing ist abwechslungsreich und macht Spass. Ich mache nach wie vor, was mir Freude bereitet: Grafik, Web, Fotos, Videos. Was mir am Anfang Schwierigkeiten bereitet hat: Social Media. Ich habe mit dem Thema eigentlich abgeschlossen. Und nun muss ich täglich Facebook und Instagram öffnen und bewirtschaften. Auch musste ich mir wieder WhatsApp aufs Handy installieren. Ich habe nach einer Lernphase alle Tools von meinem Handy entfernt. Privat will ich so wenig wie möglich damit zutun haben … klingt komisch, aber ist so. Ich bin immer noch der Meinung das «Social Media» toxisch ist. Als Werbeplattform aber nicht zu vermeiden … ein Teufelskreis. Aber spannend 🙂
Den zweiten Schritt habe ich nun auch endlich in Angriff genommen. Aber es ist schwieriger als gedacht, Jahrzehnte aufzuarbeiten bzw. daraus zu lernen. Da Achtsamkeitstraining und Meditieren damals (2019) nur einen temporären Erfolg gebracht haben, habe ich mir professionelle Hilfe gesucht. Ich bin über meinen Schatten gesprungen und bin nun bei einer Coachin und lerne viel Neues. Ich ertappe mich aber immer noch dabei, es nicht mit dem notwendigen Ernst wahrzunehmen. Ein Lernprozess … aber aller Anfang ist schwer.
Im Endeffekt versuche ich aktuell das umzusetzen, was ich mir schon 2019 vorgenommen hatte … aber nur bis zu einen bestimmten Zeitpunkt zelebriert habe. Es wurden keine Routinen draus und alte Muster gewannen schnell wieder die Oberhand.
Im Moment ist alles etwas schwierig … aber nicht nur mir geht es so. Viele haben ihr Päckchen zu tragen. Mein Ziel für 2023 ist, meine Gesundheit auf ein zufriedenstellendes Level zu bringen. Das heisst: keine sportlichen Hochleistungen anzustreben, sondern eher den Blutdruck, das Cholesterin mit Gewichtsabnahme und Ernährung wieder auf «Normal» zu bringen. Momentan ist es so, dass ich bei der kleinsten Anstrengung ausser Atem bin. Das zu akzeptieren ist schwer, vor dem Hintergrund, dass ich mal recht fit war. Auch die Sorge über kleine Wehwehchen steigt. Die Krankheit und das Alter zeigen sich da sehr präsent. Und ein weiteres Thema ist die mentale Stärke wieder herzustellen und «the new me», der ich während und kurz nach der Reha war. Bis dann der Alltag und die Welt über mich einbrachen und mich wieder zu dem machten, der ich vorher war. Das gilt es zu ändern. 🙂
Vergangenes kann man nicht ändern. Aber man kann sich ändern – für die Zukunft.
Hans Fallada
So, nach dem ganzen Psycho-Drama und zwei Tage Pause, möchte ich noch auf die Sachen eingehen, die mir in positiver bzw. wichtiger Erinnerungen geblieben sind.
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JANUAR
Da wäre zum einen der Moment, als ich nicht mehr gelähmt im Bett lag, sondern im Rollstuhl in der Reha durchstarten konnte.
FEBRUAR
Im FEBRUAR ging es Schlag auf Schlag: Nach mehreren Wochen endlich das erste Mal wieder stehen und gehen (lernen)! Nach knapp 3 Monaten das erste Mal für ein paar Stunden zuhause gewesen.
MÄRZ
Im MÄRZ ging es verspätet nach einer Coronainfektion endlich nach Hause. Um uns zu Belohnung für das «Durchgemachte» ging es nach Meran!
APRIL
Im APRIL haben wir Bekannte im Allgäu besucht, einen Ausflug nach Lindau/Bodensee gemacht und die Natur wieder gehend genossen. Ich habe nach der ersten Probefahrt die BMW wieder angemeldet.
MAI
MAI – das Motorradfahren und das Leben geniessen. Arbeit nervt zunehmend. Gewicht zugelegt. Bewerbungsgespräch. Probearbeiten, High End in München besucht … Kündigung!
JUNI
Juni – Natur. Ausflüge. Musik. Gewicht. Sport. Erleichterung!
JULI
Juli – Natur. Sport. Müdigkeit. Tochter hat die Lehre erfolgreich bestanden!
AUGUST
August – Medikamente auf fast NULL! Letzter Arbeitstag nach zwölf Jahren. Viel Natur genossen. Helene Fischer-Konzert in München. Ferien im wunderschönen Spreewald. Besuche der Familie in Magdeburg und Leipzig.
SEPTEMBER
September – Erster Arbeitstag bei neuen Arbeitgeber. Sport. Natur. Medikamentenfrei! Die ersten Wehwehchen starten …
OKTOBER
Oktober – Das Motorrad verkauft. Katheter entfernt.Wehwehchen gehen weiter (Wassereinlagerungen). Erster Versuch einer Joggingrunde. Erste Teilnahme an einer GBS/CIDP-Treffen. Roadtrip nach Paris ♥️
NOVEMBER
November – Paris immer noch ♥️. Arbeit entwickelt sich anders als gedacht. Konzert in Zürich. Liebe zur Musik neu entdeckt und über Monate in neue Technik investiert und nun «angekommen». 1. Advent in der Reha.
DEZEMBER
Dezember – Wehwehchen erreichen ihr Allzeithoch – wieder unter Medikateneinfluss. Mental-Coaching begonnen.
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