Instagram – Von der Social-App zur Dauerwerbesendung
Erinnert ihr euch noch an die Zeiten, als Instagram ein Ort war, an dem man Fotos von Sonnenuntergängen, Katzen und dem gelegentlichen Avocado-Toast geteilt hat? Als es noch um Momentaufnahmen aus dem Leben ging, nicht um Reichweite? Ja, das waren die guten alten Zeiten. Aber wie das so ist mit „guten alten Zeiten“: Sie vergehen. Instagram hat sich „weiterentwickelt“ – oder besser gesagt: zurückentwickelt. Was einst ein soziales Netzwerk war, ist heute eine durchdesignte Werbeplattform. Und wir alle wurden dabei zu willigen Konsumenten und unbezahlten Marketing-Mitarbeitern degradiert.
Die Ära des Bewegtbild-Wahnsinns
Vergesst Fotos. Die sind Relikte aus einer langsameren, vielleicht besseren Zeit. Heute muss alles blinken, wackeln und ruckeln. Reels, Stories, Clips – Hauptsache, es bewegt sich. Nicht, weil es den Inhalt besser macht, sondern weil das die einzige Chance ist, eure Aufmerksamkeit noch einen Moment länger zu fesseln. So lange, bis die nächste Werbeanzeige eingeblendet werden kann. Doomscrolling ist hier keine Nebenwirkung. Es ist das Ziel.
Influencer: Die wandelnden Werbeplakate
Dann sind da noch die Influencer. Diese strahlenden Vorbilder der „Authentizität“, die eigentlich nichts anderes sind als wandelnde Werbeplakate. Immer am Lächeln, immer am Tanzen, immer bereit, den neuesten „Must-have“-Schrott anzupreisen. Egal, ob’s was taugt – Hauptsache, der Affiliate-Link stimmt und die Kasse klingelt. Sie sind die perfekten Marionetten eines Systems, das nichts mehr liebt als Reichweite, Konsum und Klickzahlen. Es geht längst nicht mehr darum, etwas zu sagen. Es geht nur darum, alles zu verkaufen.
Die Kunst der Oberflächlichkeit
Inhalte? Werden schon lange nicht mehr wirklich betrachtet. Texte unter den Posts? Geschenkt. Wer liest denn noch, wenn’s schneller geht, ein Emoji in die Kommentare zu klatschen? „Tolles Bild“, „Mega Vibes“, „So schön“, „Wow“ – Copy-Paste-Kommunikation in Dauerschleife. Hauptsache, der Algorithmus erkennt „Engagement“. Oberflächlichkeit ist hier keine Schwäche, sondern die Währung.
Mein persönlicher Abschied
Ich nehme dieses Netzwerk – oder Social Media im Allgemeinen – schon lange nicht mehr ernst. Ich bin alt. Ich komme nicht mehr hinterher. Und weisst du was? Ich will auch gar nicht mehr. Das Spiel habe ich durchschaut. Ich habe keinen Bock mehr, auf einen Algorithmus zu hören, der mich zwingt, mich in Clips, Likes und Kommentaren zu messen.
Instagram ist bei mir nicht mal mehr auf dem Handy installiert. Der einzige Ort, wo ich mich gelegentlich einlogge, ist der Browser – und selbst da nur mit Erweiterungen, die mir den ganzen Schrott vom Leib halten. Keine Werbung, keine Reels, keine Vorschläge, keine Storys. Das, was übrig bleibt, ist ein leeres, sauberes Gerüst. Kein Zirkus, keine Reizüberflutung, keine Dauerwerbesendung. Einfach nur Stille. Und das fühlt sich ehrlich gesagt ziemlich gut an. Aber nach gefühlt 6 Scrollrad-Umrundungen habe ich genug: Es ist langeweilig!
Der Aufmerksamkeitsbettler: Schleimen 2.0
Und dann gibt es noch diesen Typ Nutzer: Er lädt brav seine Fotos hoch – Landschaften, Porträts, irgendwas mit Drohnen – technisch okay, vielleicht sogar gut. Aber das reicht ihm nicht. Also beginnt das grosse Schleimen. Er taggt alles und jeden: Profile von Vereinen, Magazinen, Influencern, Regionalportalen, „Community“-Seiten – in der Hoffnung, dass einer dieser Accounts ihn teilt, liked oder – Gott bewahre – folgt. Die Timeline als Marktplatz der Eitelkeiten. Ein endloses „Seht her! Ich auch! Bitte beachtet mich!“ in Form von Erwähnungen und Hashtags, die mehr nach Betteln als nach Selbstbewusstsein klingen. Sichtbarkeit um jeden Preis. Schleimer 2.0. Wahrscheinlich denken sie, es sei cleveres Netzwerken. In Wahrheit ist es der digitale Knicks vor dem Algorithmus.
Und als wäre das nicht genug, werden diese Fotos dann auch noch in die Storys geprügelt – schön als Ausschnitt, mit einem animierten Daumen, der verzweifelt auf das Bild zeigt, versehen mit dem Text „NEW PHOTO“ oder „CLICK ME“ in knalliger Schrift. Was sie eigentlich sagen wollen: BITTE KLICK MICH AN! Weil sie genau wissen, dass ihr Bild sonst im Algorithmus untergeht wie ein Stein im Bodensee.
Fazit: Zu alt oder zu klug?
Vielleicht bin ich zu alt für diesen Unsinn. Vielleicht zu klug. Oder einfach zu müde, mich noch an diesem immer gleichen Karussell zu beteiligen. Instagram und Co. sind für mich keine Orte der sozialen Interaktion mehr. Sie sind perfekt inszenierte Verkaufsveranstaltungen mit dem Anschein von Nähe. Und ich habe keine Lust mehr, Teil davon zu sein.
Nix alter – das ist definitiv klug. Diese „authentische“ Scheinwelt habe ich schon lange verlassen.