Es gibt eine Freundschaft, die mir bis heute nicht aus dem Kopf geht. Nicht, weil sie zu Ende ging – das ist mir bei anderen auch schon passiert. Sondern, weil ich sie bis heute nicht wirklich verstehe. Und weil sie mir als einzige wirklich leid tut.
Er war ein ehemaliger Arbeitskollege. Wir kannten uns über 17 Jahre. Zwei Firmen, viele Projekte. Beruflich haben sich unsere Wege irgendwann getrennt, aber privat war da weiterhin eine Verbindung. Eine, die sich richtig anfühlte. Er war für mich oft ein Ruhepol. Jemand, der mir in stressigen Zeiten half, runterzukommen. Einfach jemand, bei dem man wusste: Der ist da.
Nach der Trennung unserer beruflichen Wege wurde es sogar noch privater. Kaffee in der Stadt, Essen gehen, quatschen, sich austauschen. Es war für mich eine Freundschaft, die tiefer ging.
Dann kam eine Zeit, die für uns beide schwer war. Gesundheitliche Rückschläge. Wir besuchten sogar gleichzeitig das Spital. Ich suchte in dieser Zeit mehr den Kontakt als er – vielleicht zu viel. Als es mir besser ging, kam mein Ego durch. Ich habe ihn vergessen.
Ab und zu meldete ich mich noch. Sporadisch. Mal eine Nachricht, mal ein Versuch, ein Gespräch zu beginnen. Keine Antwort. Es vergingen Jahre.
Dann stand er plötzlich vor mir. Zufällig. Und ich habe ihn direkt gefragt, was los ist. Warum dieser komplette Kontaktabbruch. Warum wir, die wir so lange so einen guten Draht hatten, einfach auseinandergegangen sind, ohne dass ich es kapiert habe.
Seine Geschichte hat mich berührt. Es erklärte vieles. Ich verstand, warum es ihm schwerfiel. Aber ich verstand nicht, warum er meine ausgestreckte Hand immer wieder ausgeschlagen hatte.
Wir hatten ein ehrliches Gespräch. Dreissig Minuten. Er versprach, sich zu melden. Sagte, wir sollten mal wieder essen gehen, reden, aufholen, was liegen geblieben war.
Er hat sich nie wieder gemeldet.
Und das ist okay. Also… es muss okay sein. Aber es bleibt ein komisches Gefühl und manchmal frage ich mich: War ich ihm so wenig wert? Oder habe ich es einfach zu spät gemerkt?
Fazit
Manche Freundschaften sind wie leise Melodien, die plötzlich aufhören zu spielen. Und man sitzt da, wartet auf den nächsten Ton – aber er kommt nicht.
Manchmal muss man lernen, aufzustehen. Auch wenn der Song nie fertig war.